#sprache

Eine allgemeine Definition von Sprache zu verfassen ist schwierig, denn sie ist vielfältig und stetig im Wandel. Es gibt nicht nur gesprochene Sprache, sondern auch Textsprache, Bildsprache, Körpersprache oder Gebärdensprache. Wir nutzen all diese Sprachformen, um zu kommunizieren, uns auszudrücken oder um Dinge zu beschreiben. Sprache kann also als eine soziale Praxis verstanden werden, die ein fester Bestandteil unseres Lebens ist und auf unterschiedliche Weise auf uns einwirkt.

Sprache und Macht

Sprache ist mächtig. Vielen von uns ist nicht bewusst, welchen Einfluss Sprache auf unser Denken, Fühlen und Handeln hat. So kann eine gezielte Wortwahl unsere Wahrnehmung maßgeblich beeinflussen und unsere Sichtweise auf bestimmte Themen lenken. Ein Beispiel hierfür ist Framing.

Die Kognitionswissenschaft übersetzt Framing mit dem Begriff „Deutungsrahmen“. Damit ist gemeint, dass Wörter oder Begriffe in einem Rahmen eingebettet sind, der uns vorgibt, wie wir über ein Thema denken. Zum einen helfen uns Frames dabei Informationen und Eindrücke, die wir tagtäglich erhalten, einzuordnen und zu verarbeiten. Bei Wörtern wie Sommer oder Geburtstag gehen uns sofort Bilder durch den Kopf, die auf (vermeintliches) Wissen sowie unseren Erfahrungen, die wir im Laufe des Lebens mit unseren Sinnen sammeln, basieren.

Zum anderen kann Framing unsere Wahrnehmung manipulieren. Dabei spielt die Wortwahl eine zentrale Rolle, denn durch sie werden Frames erst in unseren Köpfen aktiviert. Besonders gesellschaftspolitische Themen werden in öffentlichen Diskussionen, medialen Berichterstattungen oder in politischen Reden maßgeblich geframet. Denken wir an die Begriffe Klimawandel, Flüchtlingswelle oder Steueroase. Welche Assoziationen hast du zu den einzelnen Begriffen? Welche Gefühle lösen sie in dir aus? Achte darauf, aus welchen Wörtern sie zusammengesetzt sind und welche Bilder und Emotionen du mit den einzelnen Wörtern (Klima-Wandel, Flüchtling-Welle, Steuer-Oase) in Verbindung setzt.

Daher ist es wichtig sich bewusst zu machen: Wer gibt uns welche Informationen? In welchem Deutungsrahmen befinden sich die Informationen oder Nachrichten, die wir täglich konsumieren? Wer spricht wie über wen? Wer hat in einer Gesellschaft die Deutungshoheit und bestimmt, wie öffentliche Diskurse geführt werden und worüber gesprochen wird? Welche Perspektiven sind am meisten sichtbar? Wer darf sprechen und wird gehört und wer nicht?

Sprache und Identität

Sprache hat einen identitätsstiftenden Charakter. Wir konstruieren in und durch sie unsere individuelle Identität in sozialen Interaktionen und kommunizieren diese an unsere Außenwelt. Wir können die Wahrnehmung unserer Identität durch die Art und Weise wie wir sprechen beeinflussen, z. B. anhand der Verwendung einer Standardsprache, eines Dialekts, durch Bildungssprache oder Milieusprache.

Die enge Verbundenheit zwischen Sprache und Identität zeigt sich auch innerhalb von Debatten um gendersensible und rassismuskritische Sprache unter dem Aufschrei „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!“ oder „Sprachpolizei!“. Es macht den Anschein, dass innergesellschaftliche Einflüsse auf und Veränderungen von Sprache oftmals als Bedrohung der eigenen Identität wahrgenommen und im öffentlichen Diskurs stark ausdiskutiert werden (Quelle: Deutschlandfunk Nova).

Außerdem ist es wichtig zu erkennen, dass Sprache gesellschaftliche Machtverhältnisse reproduziert. Das zeigt sich besonders im Umgang mit Mehrsprachigkeit, Minderheitensprachen, Dialekte oder Sprachen von Migrant*innen. Denn ihre Sprachen werden häufig nicht wertgeschätzt oder anerkannt (Hierarchisierung von Sprache) oder es wird sich über die Art und Weise lustig gemacht, wie jemand spricht (z. B. Jugendsprache – besonders die von Kindern aus migrantischen Familien).

Sprache und Gewalt

Unter „Gewalt“ wird meist eine körperliche Einwirkung bzw. Verletzung auf einen anderen Körper verstanden. Doch kann Sprache auch eine Form der Gewaltausübung sein. Durch: Beleidigungen, Herabwürdigungen, Verspottungen, Sarkasmus, Hate Speech, Drohungen aber auch durch Schweigen. Mit sprachlicher Gewalt ist jede Form von verletzender Sprache gemeint, die Menschen oder Gruppen in ihrer sozialen Position abwertet oder ausschließt. (Quelle: rise.and.revolt) Darunter fällt auch die Fähigkeit, Gespräche und Diskurse zu kontrollieren, sie zu lenken, Menschen zu unterbrechen oder zum Schweigen zu bringen (siehe Tone Policing). Sprache kann diskriminieren – auf rassistische, sexistische, ableistische, antisemitische oder lookistische Weise.

Herrmann et. al. beschreiben (2007) wie die Wirkung von sprachlicher Gewalt der Auffassung und der Empfindlichkeit des betroffenen Menschen zugeschrieben wird. In anderen Worten: Wenn du dich von meiner Aussage verletzt fühlst, dann ist es deine Schuld, weil du empfindlich bist. Das äußert sich in Sätzen wie „Das war doch nur ein Scherz.“, „Warum bist du denn gleich so beleidigt?“ oder „Verstehst du keinen Spaß?“. Diese Sichtweise führt häufig dazu, dass bestritten wird, dass es sich bei dieser sprachlichen Praxis um eine Form von Gewalt handelt.

Sprachliche Gewalt wird oft nicht als solche wahrgenommen oder gar anerkannt, weil sie keine sichtbaren, physischen Wunden hinterlässt. Dabei wird missachtet, dass psychische Verletzungen starke Auswirkungen auf körperliche Gesundheit haben können. Ein bewusster Sprachgebrauch ist daher wichtig, um Verletzungen und Ausgrenzungen vorzubeugen.

Wir bei der FUMA Fachstelle Gender & Diversität NRW bemühen uns um eine gender- und diversitätssensible Sprache. Hast du Lust mehr über das Thema zu erfahren? Dann besuch doch unsere Fortbildung „Gender- und diversitätssensible Sprache. Eine Einführung in diversitätssensibles Sprachhandeln

Zum Weiterlernen:

Grjasnowa, Olga (2021). Die Macht der Mehrsprachigkeit: Über Herkunft und Vielfalt. Berlin: Dudenverlag.

Gümüşay, Kübra (2020). Sprache und Sein. München: Hanser Berlin.

Hentges, Gudrun, Mechtild M. Jansen, Jamila Amadou (Hrg.) (2023): Sprache – Macht – Rassismus. Berlin: Metropol Verlag, 2. Auflage.

Herrman, Steffen K., Sybille Krämer, Hannes Kuch (Hrg.) (2007): Verletzende Worte: Die Grammatik sprachlicher Missachtung. Bielefeld: transcript.

Zum Begriff „Muttersprache“

 

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