#Rassismus

Was ist Rassismus?
Rassismus basiert auf einem System von Diskursen und Praxen der Vergangenheit, die noch heute in allen Bereichen der Gesellschaft wirkende Machtverhältnisse legitimieren und reproduzieren.
Rassismus ist eine Ideologie der Ungleichwertigkeit, die das Konstrukt von sogenannten menschlichen „Rassen“ entlang biologischer Merkmale nutzt, um Herrschaftsverhältnisse zu legitimieren. Bis Mitte des 21. Jahrhunderts war vorwiegend diese Form des biologischen Rassismus wirksam. Der heutige Rassismus argumentiert dagegen mit sozialen und kulturellen Differenzen zwischen Menschen, die als unveränderlich und vererbbar dargestellt werden (Naturalisierung), was mit einem kulturellen Rassismus („Rassismus ohne Rassen“; Balibar 1992) einhergeht. In der Folge werden Menschen vereinheitlicht und es werden Gruppen konstruiert (Homogenisierung). Diese werden grundsätzlich anderen Menschen gegenüber als verschieden und unvereinbar gegenübergestellt (Polarisierung). Aus diesem Prozess wird in der Konsequenz eine Rangordnung zwischen den Gruppen auf der Folie von „Kultur“ gebildet und gefestigt (Hierarchisierung) (vgl. Rommelspacher 2009).

Zentrale Funktion von Rassismus
Dadurch, dass Menschen of Color generalisiert bestimmte Eigenschaften zugewiesen werden, die sie zumeist negativ hervorheben und festlegen, trägt Rassismus zur Rechtfertigung einer systematischen Ungleichbehandlung bei. Rassismus bildet von daher ein wesentliches Fundament für die Herstellung und Aufrechterhaltung von sozialen Hierarchien (vgl. Auma 2018).

Rassismus im Alltagsgebrauch
Im Alltagssprachgebrauch gibt es nach wie vor ein verkürztes Wissen darüber, was Rassismus beinhaltet. Zum einen gibt es oft die Vorstellung, dass Rassismus (ausschließlich) mit der Vergangenheit des Holocausts oder des Kolonialismus in Verbindung steht. Zum anderen wird Rassismus immer wieder auf ausschließlich individueller Ebene verortet und als individuelles Fehlverhalten bewertet. Zumeist wird Rassismus als intendiert, sichtbar und mit extremen Formen von Gewalt gedacht, wie z.B. die medial große Aufmerksamkeit erlangten rechtsextremen Morde in Hanau 2020, Halle 2019 oder die Morde um den Nationalsozialistischen Untergrund. Rassismus wirkt jedoch nur in der Kombination von Vorurteilen, Macht und Rassifizierung (Prozess rassistischer Markierung). Er wirkt eben auch subtil und latent und kann häufig auch ein Effekt von Handlungen nach sich ziehen, die nicht rassistisch gemeint sein müssen. Rassismus hat viele Gesichter und wird keineswegs immer individuell ausgeübt. Er wirkt auf institutioneller, kultureller und struktureller Ebene (vgl. Scharathow 2014). Deshalb ist Rassismus ein Phänomen, das komplex und manchmal nicht auf den ersten Blick wahrnehmbar ist.

Rassismus als gesellschaftliches Verhältnis
Rassismus gilt als ein gesellschaftliches Verhältnis, das, wie erwähnt, nicht nur individuelle Anteile enthält oder auf sichtbare Gewalt zu reduzieren wäre. Als gesellschaftliches Verhältnis betrifft Rassismus erstmal alle Menschen in allen gesellschaftlichen Ebenen, jedoch gibt es unterschiedliche Effekte in der Betroffenheit. Während weiße Menschen von Rassismus profitieren und ihnen in den gesellschaftlichen Teilbereichen der Zugang zu materiellen und symbolischen Ressourcen ermöglicht wird, werden Menschen of Color benachteiligt. Weil aber aus der historischen Verbindung und über die gewaltvolle Durchsetzung von Vorurteilen und dem Herrschaftsanspruch weißer Menschen unterschiedliche Formen von Rassismus entstanden sind, die spezifische Zuschreibungen und Hierarchisierungen nach sich ziehen, wird von „Rassismen“ gesprochen.

Rassismus als europäische Ideologie der Ungleichwertigkeit
Bei Rassismus handelt es sich also um eine aus dem Zeitalter der Moderne kommende europäische Denktradition und weiße Ideologie, die „Rassen“ erfand, um die weiße „Rasse“ mitsamt dem Christentum als vermeintlich naturgegebene Norm zu positionieren, eigene Ansprüche auf Herrschaft, Macht und Privilegien zu legitimieren und sie zu sichern. Diese historisch gewachsene und im Laufe der Jahrhunderte ausdifferenzierte Ideologie trägt zum heutigen rassistischen Wissen bei. Das heißt, dass rassistische Inhalte sich wirkmächtig und meist nicht bewusst in Glaubensgrundsätze, (Sprech-)Handlungen, identitäre Muster und insgesamt Wissensbestände eingeschrieben haben (vgl.Arndt 2011) und so in Strukturen und Institutionen reproduziert werden. Das sorgt dafür, dass ein Ungleichwertigkeitsverhältnis weiter verfestigt bzw. beibehalten wird.

Rassismus kommt selten allein
Rassismus müssen wir als ein mehrdimensionales Phänomen verstehen, das mit anderen Unterdrückungssystemen gleichzeitig wirkt und unterschiedliche Auswirkungen auf Menschen hat. Wirken mehrere Diskriminierungsformen (z.B. Sexismus, antischwarzer und antimuslimischer Rassismus) zusammen, sprechen wir von Intersektionalität. Dies würde z.B. auf eine schwarze muslimische Frau zutreffen, die aufgrund des Zusammenspiels der genannten Diskriminierungsformen einer spezifischen Diskriminierung ausgesetzt ist.

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Zum Weiterlesen
Arndt, Susan 2011: Rassismus. In: Arndt, Susan/ Ofuatey-Alazard, Nadja (Hg.): (K)Erben des Kolonialismus im Wissensarchiv deutsche Sprache. Ein kritisches Nachschlagewerk. Münster. S. 37-43.

Auma, Maureen Maisha 2018: Rassismus. Eine Definition für die Alltagspraxis. In: RAA Berlin (Hg.). Berlin. Download

Rommelspacher, Birgit 2009: Was ist eigentlich Rassismus? In: Melter, Claus/ Mecheril, Paul (Hg.): Rassismuskritik. Bd. 1: Rassismustheorie und –forschung. S. 25-38.

Scharathow, Wiebke 2014: Rassismus. In: Diakonisches Werk der evangelischen Kirche in Württemberg e.V. (Hg.). Download

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