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Incels steht kurz für „involuntary celibate“, das bedeutet unfreiwillig zölibatär und meint: keinen Sex zu haben, obwohl man gerne welchen hätte.

Der Begriff „Incel“ wurde 1997 von einer Kanadierin eingeführt. Sie gründete ein Internetforum für schüchterne Menschen aller sexuellen Orientierungen, das darauf ausgelegt war, sich selbst und anderen „unfreiwillig im Zölibat Lebenden“ eine Selbsthilfegruppe zu bieten, indem man sich gegenseitig unterstützte, Mut machte und die eigene Liebenswürdigkeit erkannte. Das Forum wurde jedoch von heterosexuellen Männern vereinnahmt und es entstand ein dominierender Blick auf die unfreiwillige Enthaltsamkeit, durch den die toxische Subkultur der Incels entstand. Innerhalb des eigentlich als Schutzraum gedachten Selbsthilfe-Raums wurden frauenfeindliche Argumente normalisiert. Dazu zählen u. a. Erklärungsmuster wie männliches Besitzdenken und die Idee eines „Grundrechts auf Sex“. Diese toxische Grundhaltung bekräftigt neben Misogynie auch Homo- und Transfeindlichkeit sowie Hass gegen jüdische Menschen und Männer of Color. All das schlägt eine Brücke zu Rassismus und Antisemitismus.
Typisch sind opferkultisches und pathologisches Verschwörungsdenken. Es gibt mittlerweile viele verschiedene Foren und Gruppierungen, die gut miteinander vernetzt sind und der Manosphere (dt.: Mannosphäre) zugeordnet werden; also misogynen und antifeministischen Männergemeinschaften im Internet. Bei der Incels-Bewegung wird deutlich, dass es enge Zusammenhänge zu problematischen Männlichkeitsvorstellungen – sogenannter toxischer Männlichkeit – und zu Maskulinisten gibt, weshalb es auch wesentliche Verbindungen zu Antifeminismus und Rechtsextremismus gibt. Laut der Bundeszentrale für politische Bildung hatte der Attentäter von Halle/Saale, der bei seinem antisemitischen Anschlag 2019 zwei Menschen erschoss, ebenfalls Anknüpfungspunkte zur Incel-Szene.

Incels fühlen sich als Opfer der Frauen und denken, dass die Gesellschaft und ihre „natürliche Ordnung“ in Form von monogamen heterosexuellen Partnerschaften, in denen Frauen dominiert werden, durch den Feminismus durcheinandergebracht wurde. Viele glauben an einen biologischen Determinismus, also daran, dass 80 % der Frauen nur 20 % der Männer begehren und ständig Sex mit „Chads“ (Bezeichnung für gutaussehende Männer) wollen. Auch Pick-Up-Artists und Männerrechtsaktivisten, wie beispielsweise Andrew Tate, die auf Social-Media-Plattformen großen Einfluss auf Jungen und junge Männer haben, verbreiten solche toxisch-männlichen Weltanschauungen. Sie bieten in Seminaren oder Videos Tipps an, wie man z. B. ein „Alphamann“ wird, Frauen aufreißt und in die Küche und das (Ehe-)Bett zurückdrängt.

Incels sind überzeugt davon, dass sie ein Anrecht auf den weiblichen Körper haben und Frauen ihnen durch die Verweigerung Gewalt antun. Manche Incels ziehen in ihrem „Leid“ Vergleiche zu versklavten Menschen in der Kolonialzeit und zu Jüdinnen*Juden im Holocaust. Das stellt eine gefährliche und absolut verharmlosende Behauptung dar.

Zusammengefasst: Incels haben eine spezielle Sichtweise auf Beziehungen zwischen Männern und Frauen und teilen Menschen in verschiedene Gruppen (innerhalb der Geschlechterbinarität Mann-Frau) ein, basierend auf Aussehen und Erfolg in der Partnersuche.

Das Wissen über Incels ist für pädagogische Fachkräfte, die mit jungen Menschen arbeiten, aus mehreren Gründen wichtig.

  1. Erstens hilft es, ein besseres Verständnis für die sozialen Dynamiken und Herausforderungen zu entwickeln, mit denen viele Jugendliche konfrontiert sind. Incels, oder „involuntary celibates“, sind oft Teil von Online-Communities, die negative Einstellungen gegenüber Frauen und Beziehungen fördern. Pädagogische Fachkräfte können durch das Verständnis dieser Ideologien besser auf die Bedürfnisse und Sorgen innerhalb der pädagogischen Beziehungsarbeit eingehen.
  2. Zweitens ermöglicht dieses Wissen, präventive Maßnahmen zu ergreifen. Indem Fachkräfte die Anzeichen extremer Ansichten oder sozialer Isolation erkennen, können sie frühzeitig intervenieren und Unterstützung anbieten. Dies kann dazu beitragen, dass junge Menschen gesunde Beziehungen zu sich selbst und anderen aufbauen und ein positives Selbstbild entwickeln.

Nicht zuletzt fördert das Wissen über Incels auch die Sensibilisierung für Themen wie Geschlechtergerechtigkeit, Respekt und Empathie. Pädagogische Fachkräfte können durch Aufklärung und Diskussionen dazu beitragen, ein respektvolles Miteinander zu fördern und Vorurteile abzubauen. Das bedeutet auch das aktive Gegenwirken zur Incel-Ideologie durch Alternativangebote und die Thematisierung von identitätsstiftenden Themen in der pädagogischen Arbeit.

Quellen

Bpb (Bundeszentrale für politische Bildung): Glossar: Incels.

Das Erste: Gespräch mit Veronika Kracher (Incel-Expertin).

Horten, Barbara & Marleen Orth (2022): Kriminologischer Beitrag. Hass auf Frauen. Ein Beitrag zur Incel-Ideologie und Radikalisierung. In: Andreas Mokros, Hauke Brettel, Peer Briken, Klaus-Peter Dahle & Elmar Habermeyer (Hrsg*innen): Forensische Psychiatrie, Psychologie, Kriminologie. Vol. 16, S. 355-358.

Hömberg, Merle & Lina Beling (2021): Incel Community. Wie weit der Hass gegen Frauen geht. Deutschlandfunk Kultur.

Kracher, Veronika (2019): Vortrag: Incels – Zur Sprache und Ideologie eines Online-Kults. Ringvorlesung ‚Queergehört‘ (02.07.2019), Goethe-Universität Frankfurt am Main.

Zum Vertiefen: Kracher, Veronika (2020): Incels. Geschichte, Sprache und Ideologie eines Online-Kults.

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