
Adultismus – Eine Machtstruktur, die pädagogische Beziehungen prägt
Adultismus ist eine Diskriminierungsform, die wir alle – vor allem in unserer Kindheit aber womöglich auch danach –schon erlebt haben.
Erwachsensein gilt als Norm. Ähnlich wie bei anderen Diskriminierungsformen gibt es auch hier etwas, was als normabweichend gilt. Bei Adultismus sind das junge Menschen:
Es geht also um ein Machtungleichgewicht zwischen erwachsenen und nicht erwachsenen Menschen. Dieses Machtungleichgewicht zeigt sich z. B. durch Gesetze und fehlende politische Mitbestimmung, die junge, minderjährige Menschen konkret betreffen. Adultismus zeigt sich aber auch in Alltagssituationen, in denen Erwachsene für und über Kinder und Jugendliche bestimmen und für sie entscheiden, sei es bei Schlaf- und Medienzeiten, Essen, Taschengeld und der Kleidungswahl.
Adultistisches Verhalten ist zum Beispiel:
- Wenn die Grenzen eines Kindes nicht respektiert werden.
- Wenn die Gefühle von Kindern nicht ernst genommen und missachtet werden.
- Wenn Kindern Fähigkeiten oder Meinungen abgesprochen werden.
Was bedeutet das für die pädagogische Praxis?
Wie können wir unseren Bildungs- und Schutzauftrag adultismuskritisch gestalten?
Wie kann das Verhältnis zwischen erwachsenen Fachkräften und jungen Menschen (als Expert*innen für ihr eigenes Leben) empowermentorientiert gestaltet werden?
Darüber wollen wir mit euch ins Gespräch kommen und gemeinsam neue Impulse setzen.
Wir laden dazu herzlich zu unserem Fachtag „Adultismus“ am 12. Mai 2025 in Remscheid ein.
Preis: 85 EUR (beinhaltet das Rahmenprogramm, die Inputs und einen Workshop)
Der Fachtag findet in Kooperation mit dem KI Remscheid und NRWeltoffen statt.
Fachtags-Programm

Ankommen & Stehcafé
Begrüßung der FUMA
Grußworte: Ministerium Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, FIucht
und Integration Gabriele Aabaslama
Kommunales Integrationszentrum Remscheid Christoph Sykulski
NRWeltoffen Remscheid Ralf Noll

Input 1: Kinder und Jugendliche stärken: Intersektionale und adultismuskritische Perspektiven in der pädagogischen Praxis.
Der Vortrag beleuchtet die Bedeutung intersektionaler und adultismuskritischer Ansätze in der pädagogischen Praxis mit Kindern und Jugendlichen. Dabei werden gesellschaftliche Diskurse, theoretische Grundlagen und praktische Beispiele verbunden, um aufzuzeigen, wie Machtverhältnisse und Diskriminierung, insbesondere an der Schnittstelle von Race, Class, Gender und Alter, das Aufwachsen und die Bildungschancen beeinflussen. Ein besonderer Fokus liegt auf der kritischen Reflexion von adultistischen Strukturen und deren Auswirkungen auf pädagogische Interaktionen. Abschließend werden praxisorientierte Handlungsempfehlungen vorgestellt, die eine diskriminierungskritische und empowernde Arbeit mit Kindern und Jugendlichen ermöglichen.
Dr. Seyran Bostancı ist Speakerin und intersektionale Diversitytrainerin und hat langjährige Erfahrungen in der Praxisbegleitung von Kitas, die sich auf dem Weg zu Inklusion machen. Darüber hinaus beschäftigt sie sich als Wissenschaftlerin in Forschung und Lehre mit Inklusionsprozessen, Rassismus, Diversität, früher Kindheit und Zivilgesellschaftlichem Engangement: Dr. Seyran Bostancı arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitor (NaDiRa) zu Bildung und Rassismus am Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM). Außerdem hat sie das Netzwerk Gemeinsamer Diskriminierungsabbau in der frühkindlichen Bildung (GeDaB) gegründet. Sie ist Vorstandsvorsitzende des Instituts Kinderwelten für diskriminierungskritische Bildung e.V. und im Vorstand der Schwarzkopf Stiftung Junges Europa.

Input 2: „Mit Kinderrechten und Partizipation die Privilegien der ErWachsenen hinterfragen?“
Adultismus – das Machtungleichgewicht zwischen Kindern und Erwachsenen – prägt den Alltag junger Menschen. Er ist einerseits in der zwischenmenschlichen Kommunikation, andererseits in diskursiven, kulturellen und institutionellen Strukturen zu finden. Wenn es das Ziel unserer pädagogischen Arbeit sein soll, für Kinder und Jugendliche eine Umgebung zu schaffen, die von Respekt und Achtung für sie als Individuen geprägt ist, müssen wir uns dieses Machtverhältnis bewusst machen und unsere Haltung und pädagogische Praxis ständig überprüfen.
In diesem interaktiven Vortrag werden wir einen Blick darauf werfen, wann, wo und wie Adultismus das Zusammenleben zwischen jungen und älteren Menschen beeinflusst und sich anhand institutioneller Strukturen immer wieder erneuert. Wir werden aber auch Wege kennenlernen, wie insbesondere das Kinderrecht auf Beteiligung zu einem gleichwürdigeren Umgang aller Altersgruppen beitragen kann und Fachkräften einen adultismuskritischen Blickwinkel ermöglicht.
Philip Meade (er/ihm) ist freiberuflicher Kinderrechte-Trainer und war langjährig als Kinderrechtsbeauftragter in der Kinder- und Jugendhilfe tätig. Er ist Dozent im Masterstudiengang „Childhood Studies and Children’s Rights“ an der FH Potsdam und ist im Vorstand des Beirats der National Coalition Deutschland zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention (Netwerk-Kinderrechte). Philip Meade ist Gründungsmitglied und Vorstand von ProNATs e.V., der sich für die Rechte arbeitender Kinder und Jugendlicher weltweit einsetzt und Kontakt zu den Kinderbewegungen in Afrika, Asien und Lateinamerika pflegt. Zusammen mit Manfred Liebel hat er u.a. das Fachbuch „Adultismus – Die Macht der Erwachsenen über die Kinder. Eine kritische Einführung.“ sowie eine Version für Jugendliche veröffentlicht.

Workshop 1: Kleine Paschas – Adultismus und antimuslimischer Rassismus in Gesprächen über arabisch/muslimisch markierte Kinder
Gemäß der Erkenntnis, dass eine Diskriminierung selten allein kommt, möchten wir in diesem WS Verbindungen von Adultismus und antimuslimischem Rassismus aufgreifen. In der Praxis gibt es viele Beispiele, in denen muslimische Jungen bewertet und abgewertet werden. Dann heisst es z.B. , „Typisch, die muslimischen Jungs werden in der Familie wie Paschas behandelt und wollen hier nicht mit unterstützen.“ Doch was verbirgt sich hinter den stereotypen Vorstellungen von Erwachsenen und wie hängt das mit antimuslimischen Bildern aus Jahrhundertealter Zeit zusammen
Ziel des Workshops ist es, die Wahrnehmung für adultistische und antimuslimische Zusammenhänge zu schärfen und Handlungsmöglichkeiten dagegen zu stärken.
Dihia Wegmann (sie/ihr) & Birol Mertol (er/ihm) sind Bildungsreferierende der FUMA Fachstelle Gender & Diversität NRW.

Workshop 2: „Bin ich jetzt ein Mensch oder noch ein Kind?“ – ein Blick auf die Kinderrechte aus adultismuskritischer Perspektive
In diesem Workshop befassen wir uns mit der zentralen Frage, ob und wie Kinder ihre Rechte tatsächlich ausüben können und an welchen Punkten sie dabei möglicherweise auf Hindernisse stoßen.
Der Begriff „Adultismus“ beschreibt die systematische Benachteiligung und Diskriminierung von Kindern durch Erwachsene. Diese Diskriminierung zeigt sich einerseits in konkreten Handlungen Einzelner, andererseits aber auch in systematischen, institutionellen und politischen Strukturen sowie Denkweisen, die Kinder nicht als gleichberechtigte Mitglieder der Gesellschaft wahrnehmen oder behandeln.
Ziel des Workshops ist es, Strategien zu entwickeln, um adultistische Strukturen zu identifizieren und abzubauen. Dadurch soll Kindern der notwendige Raum und die Möglichkeit gegeben werden, ihre Rechte aktiv wahrzunehmen und selbstbewusst als gleichberechtigte Mitglieder der Gesellschaft für ihre Anliegen einzutreten.
Katja Gramelt ist Professorin für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Diversität an der Hochschule Düsseldorf und lehrt dort vor allem im kindheitspädagogischen Studiengang. Ihr aktuelles Kernthema sind die Perspektiven von Kindern und wie diese wahrgenommen und einbezogen werden können.
Agata Skalska ist Nachwuchsprofessorin an der Hochschule Düsseldorf im Fachbereich Sozial- und Kulturwissenschaften. Sie hat Islamwissenschaft, Kindheitspädagogik (B.A.) sowie Empowerment Studies (M.A.) studiert und befindet sich derzeit in der abschließenden Phase ihrer Promotion, die sich mit Janusz Korczak und seinem Bild vom Kind befasst. Ihre Arbeits- und Forschungsschwerpunkte umfassen Kinderrechte, Adultismus und generationale Ordnungen, Diversität sowie rassismuskritische Ansätze. Darüber hinaus engagiert sie sich als Multiplikatorin für vorurteilsbewusste Bildung und Erziehung nach dem Konzept der Fachstelle Kinderwelten. Ehrenamtlich ist Agata Skalska als Vorsitzende des Kreises der Düsseldorfer Muslime sowie der Deutschen Korczak Gesellschaft e.V. aktiv.

Workshop 3: Das Gefühl der Richtigkeit – Adultismus und Heteronormativität zwischen Selbst- und Fremdbestimmung.
Was gilt als ‚normale‘ Kindheit? Die Diskussion um Geschlechtergerechtigkeit sowie sexuelle und geschlechtliche Vielfalt in der frühkindlichen Bildung ist eng mit der gesellschaftlichen Konstruktion von Kindheit, Queerness und Geschlecht verknüpft. Diese Konzepte sind häufig durch eine adultistische Perspektive geprägt, da Vorstellungen von Kindheit oft von Erwachsenen definiert und durch normative Annahmen über Geschlecht und vielfältige Lebensweisen begrenzt werden. Nach einem kurzen theoretischen Input zu Adultismus und Heteronormativität als soziale Wahrnehmungsfilter, entlang der Frage nach dem „Gefühl der Richtigkeit“, das häufig Unbehagen und Misstrauen auslöst, insbesondere wenn Unsicherheit über die geschlechtliche Identität des Gegenübers im alltäglichen Umgang und in pädagogischen Institutionen besteht, arbeiten wir gemeinsam an realen pädagogischen Beispielen aus der Praxis, um daraus konkrete Handlungsmöglichkeiten für das eigene professionelle Handeln abzuleiten.
Raphael Bak (er/ihm) ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Goethe-Universität Frankfurt mit den Lehr- und Forschungsschwerpunkten in der in der erziehungswissenschaftlichen Kindheitsforschung und pädagogischer Professionalität unter besonderer Berücksichtigung, queerpädagoischer, rassismuskritischer und intersektionaler Perspektiven.

Workshop 4: Schützen wir Kinder oder schützen wir uns selbst? Wenn ich aus eigenen Unsicherheiten adultistisch reagiere
Was antworte ich, wenn ein Kind fragt „Warum trägt die Frau ein Kopftuch?“ oder „Wieso hat der Mann nur ein Bein?“?
Kann ich Kinder in ihrer Geschlechtsentwicklung verwirren, wenn ich ihnen früh erkläre, dass auch Trans- und Intergeschlechtlichkeit existieren? Bringe ich Rassismus erst ins Leben junger Menschen, wenn ich darüber spreche?
Gespräche über Vielfalt, insbesondere Diskriminierung, sind oft herausfordernd. Themen wie Rassismus, Sexismus oder soziale Ungerechtigkeit können emotional belastend sein. Es fehlt oft das inhaltliche Wissen und die sprachliche Kompetenz, um es auf kindgerechte Art besprechbar zu machen. Die Angst, Kinder zu überfordern oder zu verängstigen, führt oft dazu, dass diese Themen vermieden werden. Doch wenn wir Diskriminierung nicht ansprechen, ist das adultistisch, weil wir Kindern die Möglichkeit nehmen, kritisch über Ungerechtigkeiten zu denken und über eigene Diskriminierungserfahrungen zu sprechen.
Der Workshop behandelt adultistische Haltungen, Abwehrmechanismen und den konstruktiven Umgang mit -ismen. Wir sprechen darüber, wie wir Unsicherheiten überwinden und schauen pädagogische Materialien an, mithilfe derer Diskriminierungen mit Kindern thematisiert werden können. Ein Good Practice-Beispiel in Form eines Filmes zur vorurteilsreflektierten Pädagogik wird gezeigt.
Der Workshop richtet sich an Fachkräfte, die mit Kindern arbeiten. Für den Film sind englische Sprachkenntnisse vorausgesetzt.
Ebru Kurnaz (sie/ihr) und Sanaz Zoleikani (sie/ihr) sind Bildungsreferierende in der FUMA Fachstelle Gender & Diversität und Teil des Projektteams Power Pack.

Aus der Praxis, für die Praxis: Vorstellung Adultismus-Spiel
Dana Meyer, Jasmin-Marei Christen und Sarah Heyme haben gemeinsam ein Spiel zur Adultismus-Reflexion für Fachkräfte entwickelt. Dana Meyer und Jasmin-Marei Christen stellen dieses in ihrem Praxisbeitrag vor. Das kooperative Spiel “Halt!(ung) – erinnern, diskutieren, ändern” unterstützt die Selbstreflexion und kritische Auseinandersetzung mit Adultismus. Es richtet sich besonders an Bildner*innen, die Angebote der politischen Bildung mit Kindern entwickeln. Die Spieler*innen bewegen sich im Laufe des kooperativen Spiels zwischen vier Inseln: Insel der Kraft, Macht, Träume und des Verborgenen. Diese halten Reflexionsfragen für sie bereit. Des Weiteren gibt es einen Fluss des Widerstands (Schlüsselbegriffe müssen über eine von ein*er Spieler*in angefertigten Zeichnung erraten werden) und einen Strudelsee (Schlüsselbegriffe müssen erraten werden).
Jasmin-Marei Christen arbeitet beim Arbeitskreis deutscher Bildungsstätten.
Dana Meyer ist freie Anti-Bias-Trainerin und Referentin für politische Bildung.

Input 3: Praxisprojekt im KingzCorner Aachen
Die Zielgruppen des Jugend- und Medienzentrums KingzCorner, aus Aachen, beschäftigen sich über mehrere Wochen hinweg mit der Frage, inwiefern ihnen innerhalb der Einrichtung Adultismus begegnet und was es benötigt, um diesen langfristig abzubauen. Die Ergebnisse daraus werden von der Geschäftsführung, Emilene Wopana Mudimu, vor Ort präsentiert. Gleichzeitig sollen die teilnehmenden Fachkräfte durch den interaktiven Vortrag dazu eingeladen werden ihre eigene Praxis zu reflektieren und die Möglichkeit erhalten Fragen zu stellen.
Emilene Wopana Mudimu ist Sozialpädagogin., Bildungsreferentin, Spoken Word Künstlerin und Moderatorin aus Aachen. Sie leitet das soziokulturelle Jugend- und Medienzentrum KingzCorner, wo sie Hip-Hop bezogene kunst- und medienpädagogische Angebote/Projekte initiiert. Seit 2012 ist Emilene Wopana Mudimu in der rassismuskritischen und diskriminierungssensiblen Arbeit tätig. Ihre Arbeitsschwerpunkte: Afro Hair Politics, Dekonstruktion westlicher Schönheitsideale und Politisierung Schwarzer Körper, Colorism, Empowerment-Arbeit mit BI*PoC und Antira-Sensibilisierungstrainings. Mudimu ist eine von 20 Mitautor*innen des Sammelbands „Schwarz wird großgeschrieben“, der im September 2021 im &Töchter Verlag veröffentlicht wurde und eine von vier Kurator*innen der Anthologie „Neue Töchter Afrikas‘‘, erschienen April 2023 im Unrast Verlag. Aktuell ist sie als Protagonistin im Dokufilm “Feminsm WTF“ von Katharina Mückstein zu sehen.